Algorithmen als berufliche Halsbrecher

Aufgrund einer bipolaren Störung nahm sich der US-Amerikaner Kyle Behm eine Auszeit von seinem Studium. Er begab sich in medizinische Behandlung, kehrte an die Universität zurück und bewarb sich gleichzeitig für einen Teilzeitjob in einer Supermarktkette. Nach dem Ausfüllen eines Fragebogens hörte er nichts mehr von der Firma.1 Von Algorithmen und wie sie unser Berufsleben beeinflussen (werden).

In den USA ist es üblich, in Bewerbungsverfahren Fragebögen auszufüllen. Eine Formalität, wie es auf den ersten Blick scheint. Kyles Bewerbung jedoch wurde aufgrund seiner Antworten aussortiert, wie ihm ein Freund, der bei jener Kette beschäftigt war, im Nachhinein mitteilte. Als Kyle dies seinem Vater erzählte, fragte ihn der, welche Art von Fragen ihm in jenem Fragebogen gestellt wurden. Es stellte sich heraus, dass sie jenem aus dem „Five Factor Model“, einem Modell zur Analyse der menschlichen Persönlichkeit, stark ähnelten. Jener Test wurde mit Kyle im Krankenhaus gemacht, als er sich aufgrund seiner bipolaren Störung einer Behandlung unterzog.2

Einen Aushilfsjob nicht zu bekommen, schien für ihn zu Beginn allerdings kein „big deal“ zu sein. Kyle bewarb sich daraufhin bei zahlreichen anderen Firmen. Das Ergebnis war jedoch immer dasselbe: Absage aufgrund der Antworten des ausgefüllten Fragebogens, den alle Unternehmen im Bewerbungsprozess vorlegten.3 Brehms Vater, ein Anwalt klagte aufgrund von Diskriminierung gegen den Fragebogen. Das Verfahren ist noch am Laufen.4

„Arguments are likely to focus on whether
the test [Anm. der Verfasserin] can be considered a medical exam,
the use of which in hiring is illegal under the
Americans with Disabilities Act of 1990.“5

 

Dahinter liegende Mathematik

Automatische Systeme basierend auf komplexen mathematischen Formeln, die Bewerbungen und somit die Person durchsieben, finden nach und nach mehr Einsatz. Und das weltweit. 

„Biven their scale and importance,
combined with their secrecy, these algorithms
have the potential to create an underclass of people
who will find themselves increasingly and inexplicably
shut out from normal life.“6

Mathematikern und Data Scientist Cathy O’Neil, die bereits Ted-Talks zum Thema Big Data abgehalten hat, erläutert, warum Persönlichkeitstests kein Bestandteil von Bewerbungsverfahren sein sollten:

 

Im Vereinigten Königreich Großbritannien setzen in der Personalbeschaffung  71% der Arbeitgeber auf irgendeine Form von psychometrischen Tests. 72% der Lebensläufe werden nicht von menschlichen Augen betrachtet, sondern von Computerprogrammen durchleuchtet.7 Tendenz steigend, Folgen bedenklich.

 

Quellen

1 Vgl. https://www.theguardian.com/science/2016/sep/01/how-algorithms-rule-our-working-lives
2 Vgl. https://www.theguardian.com/science/2016/sep/01/how-algorithms-rule-our-working-lives
3 Vgl. https://www.theguardian.com/science/2016/sep/01/how-algorithms-rule-our-working-lives
4 Vgl. http://derstandard.at/2000066855612/Facebooks-Algorithmus-manipuliert-die-oeffentliche-Meinung
5 https://www.theguardian.com/science/2016/sep/01/how-algorithms-rule-our-working-lives
6 https://www.theguardian.com/science/2016/sep/01/how-algorithms-rule-our-working-lives
7 Vgl. https://www.theguardian.com/science/2016/sep/01/how-algorithms-rule-our-working-lives

 

Literaur

Weapons of Math Destruction. How Big Data Increases Inequality and Threatens Democracy. Cathy O’Neill

 

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