Lacies [Anm. der Verfasserin] Leben spielt in einer Welt, die aussieht wie eine Werbung für Barbie. Alles ist pastellfarben, die Menschen sehen perfekt aus, alle wischen permanent mit mildem Lächeln über ihre Smartphones.1
Warum? Weil sie ihre Mitmenschen bewerten. Permanent. So auch Lacie, die darauf hofft, von den ihrigen eine möglichst positive Bewertung zu erhalten, um dadurch Zugang zur elitären Gesellschaft zu gewährt zu bekommen. Wer über 4 Sterne erreicht, zählt zur Elite, hat bessere Chancen auf dem Wohnungsmarkt, bekommt die modernsten Mietwagen, wird beruflich gefördert.2
Ausschnitt aus der „Black Mirror“-Folge „Abgestürzt“
„Abgestürzt“, die erste Folge der dritten Staffel von „Black Mirror“, einer anthologischen Science-Fiction-Serie, die die Auswirkung von neuen Technologien auf die Gesellschaft verbildlicht, mag in den Augen des einen oder anderen möglicherweise etwas utopisch anmuten. Die in jener Folge dargestellte Realität ist jedoch nicht mehr soweit von unserer eigenen entfernt. China befindet sich momentan auf einem Weg, welcher eine oben beschriebene Bewertung von Menschen nicht unbedingt ausschließt. Das dortige „Amt für Kreditwürdigkeit“ führt gerade die ersten Feldversuche für ein amtliches Sozialranking durch.3
„Man liest es, man schreibt darüber und man kennt
sie aus der Science-Fiction-Literatur. Doch wenn sie dann wirklich da ist,
staunt man. Die Rede ist von der totalen sozialen Überwachung,
die momentan in einigen chinesischen Städten getestet wird.“4
Weiters ist eine ständige Überwachung durch Kameras und Gesichtserkennung im Vormarsch.5 Alles wird erfasst, ausgewertet und in Punkte umgerechnet, welche den Maßstab für den sozialen Rang der einzelnen Person darstellt.6 Plötzlich scheint Lacie’s Leben doch nicht mehr so utopisch.
„Das Sozialkreditsystem erhebt den Anspruch, gerecht zu sein, denn es gelte für alle, auch für Parteimitglieder. Wer Bestnoten in Aufrichtigkeit erreicht, darf sich mit einem Triple A schmücken (der Kandidat hat dann 1050 Punkte). Er gilt als „Vorbild an Ehrlichkeit“ und wird mit schönen Erfolgsprämien belohnt. Bei einem hohen citizen score finden seine Kinder leichter einen Ausbildungsplatz, er selbst kommt schneller an einen Kredit, auch eine Beförderung winkt dem Glücklichen. Wer hingegen gesellschaftsschädigendes Verhalten zeigt, der darf nicht mehr erster Klasse Zug fahren und nicht mehr ins Flugzeug steigen, auch mit einem Visum wird es schwierig.
Unter 555 Punkte sollte ein Bürger aber keinesfalls sinken; dann kommt er möglicherweise auf eine schwarze Liste, und ihm droht der soziale Tod. Immerhin, der Sünder kann Buße tun und durch tugendhaftes Verhalten Bonuspunkte erwerben. Sobald er sich um alte Menschen kümmert oder Blut spendet, wächst der Punktestand auf seinem Sozialkreditkonto wieder, und der Sünder darf in den Kreis der Ehrlichen zurückkehren. Leistung muss sich wieder lohnen.“7
Die Volksrepublik erprobt gerade eine neue Art der Menschenführung, die möglicherweise Vorreiter für etwas ist, das auch bald dem Westen droht. Der Bürger wird zum Komplizen der eigenen Überwachung. China erschafft die „neue schöne Welt“.8
Quellen
1 http://www.zeit.de/kultur/film/2016-11/black-mirror-netflix-serie-rezension
2 http://www.zeit.de/kultur/film/2016-11/black-mirror-netflix-serie-rezension
3 Vgl. https://derstandard.at/2000068757255/China-auf-dem-Weg-zur-Big-Data-Diktatur
4 https://derstandard.at/2000068757255/China-auf-dem-Weg-zur-Big-Data-Diktatur
5 Vgl. http://www.daserste.de/information/politik-weltgeschehen/weltspiegel/videos/china-zukunft-heisst-totalueberwachung-106.html
6 Vgl. http://www.zeit.de/2017/49/china-datenspeicherung-gesichtserkennung-big-data-ueberwachung
7 http://www.zeit.de/2017/49/china-datenspeicherung-gesichtserkennung-big-data-ueberwachung
8 https://derstandard.at/2000068757255/China-auf-dem-Weg-zur-Big-Data-Diktatur