Generell gilt es, sich bei der Entwicklung & Gestaltung von Interaktionen möglichst an die systemweiten Standards zu halten; so nehmen User die Nutzung eher als intuitiv wahr, da sie mit der Oberfläche bis zu einem gewissen Grad bereits vertraut sind – besonders der Einstieg fällt leichter. Allerdings unterscheidet sich der Aufbau von GUIs zwischen den Plattformen in vielerlei Punkten:
- Tastaturkürzel
- Position & Layout
- Nutzungsparadigmen
- Stil (inkl. Schrift, Animationen, Sound, …)
Ist es also empfehlenswert, die Nutzungsoberfläche einer Anwendung, die auf mehreren Systemen erscheint, in vollem Umfang nach den jeweiligen Konventionen zu entwerfen?
Nein.
Das Komplexität des Projektes steigt, die gesamte Dauer des Entwurfs- & Umsetzungsprozsses vervielfacht sich. Jedes Update, jede Änderung – sowohl an der Anwendung als auch in den HIG des jeweiligen Systems – verursacht potentiell erheblichen Mehraufwand. Weiter könnten Nutzerinnen nicht von sich behaupten, den Umgang mit der Anwendung gemeistert zu haben, da es plattformabhängige Unterschiede zu überwinden gibt – ein möglicher Frustquell.
Alternativen
Eigen aber Konsistent
Anwendungen wie Reaper, Blender oder sämtliche Adobe-Programme haben ihren eigenen Weg eingeschlagen; Nutzungsschnittstellen sind maßgeschneidert, sie orientieren sich bloß lose an OS-Konventionen. Dafür können Mac-Userinnen Blender ebenso unter Windows oder gar Linux problemlos nutzen – Shortcuts, Icons und Layout sind ident.
Ein Interface, sie zu knechten …
In manchen Fällen orientieren sich Anwendungen stark an den Gebrauchsmustern eines einzigen Systems. So tritt Inkscape unter macOS gleich auf wie unter Linux-Systemen. Für einen solchen Ansatz spricht, dass sich zumindest ein Teil der Nutzerinnen schnell zurechtfinden; der vebleibende Rest könnte diese Bevorzugung allerdings negativ auffassen.
Konforme Details
Andere Anwendungen fügen sich den jeweiligen Konventionen zumindest teilweise. Sublime Text oder Chrome respektieren beispielsweise Terminologie und Shortcuts des jeweiligen Hosts. Icons bleiben hingegen plattformübergreifend gleich; diese dienen allerdings zusätzlich dazu, eine Identität (CI) zu kommunizieren.
Schluss
Ich bevorzuge die zuletzt genannte Alternative; sie begünstigt einen reibungslosen Einstieg und effiziente Nutzung, verursacht aber im Design wenig Mehraufwand. Zudem kann die Gestalterin die Entwicklung eines optimalen Workflows anstreben, ohne sich von HIGs zu sehr einschränken zu lassen. Wird dieser Weg gewählt, müssen die Designer allerdings über umfassende, detaillierte Kenntnisse der Zielplattformen verfügen.