Ästhetik – Definition, Prinzipien, Gestaltgesetze

 

Definition „Ästhetik“

(griechisch: αἴσθησις (aísthēsis)  „empfinden“, „fühlen“, „Wahrnehmung“)

Ursprünglich wurde der Begriff „Ästhetik“ in Theorien und Philosophien der sinnlichen Wahrnehmung in Kunst, Design, Philosophie und Wissenschaft verwendet.
Heute wird unter „Ästhetik“ häufiger die Lehre der Schönheit verstanden. Der Begriff für die „Lehre der Schönheit“ wurde erstmals vom deutschen Philosophen Alexander Gottlieb Baumgarten (1714-62) in der Schrift „Aesthetica“ (1750-58) verwendet und setzte sich in kurzer Zeit durch.

Im Allgemeinen setzt sich die Ästhetik mit Konstruktionen von Kunstwerken, dem Verhältnis von Kunst & Realität und Strukturen eines vom Menschen geschaffenen ästhetischen Gegenstandes in Kunst und Natur auseinander.
Beim Überbegriff Ästhetik wird zusätzlich zwischen formaler, empirischer, psychologischer, soziologischer oder spekulativer Ästhetik unterschieden.
Zudem werden ästhetische Urteile aufgrund von Gefühlswerten geschaffen, welche nicht rational begründbar sind.

Ästhetische Urteile sind Werturteile.

Trotzdem gibt es keine Eindeutige Definition des Begriffs, da jeder einzelne Mensch eine andere Ansicht von „dem Schönen“, der Ästhetik besitzt. Diese Auffassung wird durch Gelerntes und unterschiedliche Erfahrungen geprägt. Auch das Umfeld und kulturelle Bildung, sowie die Wahrnehmung und Intuition eines Menschen spielen eine große Rolle in der Bildung der persönlichen Ästhetik-Auffassung.

Beauty is in the eye of the beholder.

Ästhetik & Design

In Design umfasst die Ästhetik die durchdachte Anordnung von Elementen (wie beispielsweise Formen, Farben, Typografie, usw.) in einer Art und Weise, dass sie Sinne und Emotionen des Menschen anspricht. In diesem Sinne ist die Ästhetik ein Ausdruck von Geschmack, eine Vorliebe zu etwas Bestimmten. Geschmack hat einen persönlichen Ursprung, kann aber auch durch das Gruppengefühl gesteigert oder verändert werden.
Die Hauptaufgabe eines Designers/einer Designerin ist das Entschlüsseln von Nachrichten und übersetzen von Informationen von einer speziellen Zielgruppe, um eine bestimmte Handlung bei dieser Gruppe hervorzurufen. Für diese Aufgabe müssen der Geschmack und die ästhetischen Vorlieben der Zielgruppe verstanden werden, um ästhetisch ansprechende und emotionale Inhalte gestalten zu können.

Ein Designer/eine Designerin muss seine persönlichen ästhetischen Vorlieben beim Gestalten außer Acht lassen und sich in die Lage einer Zielperson versetzen, um die Vorlieben der Zielgruppe verstehen und mit diesen arbeiten zu können. Aufgrund dessen müssen Designentscheidungen logisch argumentiert werden und rational begründbar sein und nicht nur wegen des „guten Aussehens“ bewertet werden.
Mittels vieler unterschiedlicher sog. „Design Solutions“ oder „Design Prinzipien“ können Entscheidungen des ästhetischen Aussehens in Zahlen oder Infografiken gefasst werden. Somit kann ein nachvollziehbarer Bezug zur Erstellung oder dem Prozess des Designs z. B. für einen Kunden hergestellt werden.

 

Managing the Design Process: Concept Development – Terry Lee Stone

 

„Design Principles“

„Design Principles“ oder „Design Prinzipien“ sind anwendbare Gesetzte, Guidelines, menschlichen Neigungen und Vorlieben und Design-Überlegungen, welche auf dem Wissen und der Erfahrungen von Praktizierenden und Forschenden basieren. Mittels dieser Grundlagen kann eine Basis für das Erzeugen eines neues Designs oder Produktes, welche Probleme lösen, geschaffen werden.
Design Prinzipien wurden definiert, um dem Designenden eine Unterstützung und Hilfe im Designprozess zu bieten, wobei die Usability verbessert, die Wahrnehmung beeinflusst oder Sound-Design-Entscheidungen während des Projekts getroffen werden, um das Produkt später erfolgreich auf den Markt zu bringen.

 

Beispiele:

Achse
Eine Achse beschreibt eine imaginäre Linie, welche eine Gruppe von Elementen in einem Design miteinander verbindet.

– Alignment
– Reinforcement
– Movement
– Continuous

 

Symmetrie
Bei einer Symmetrie werden Elemente in gleicher Weise auf beiden Seiten einer Achse angeordnet. Perfekte Symmetrie wird durch das exakte Spiegeln von Elementen über eine Achse erreicht.

– Balance
– Asymmetrie

 

 

Hierarchie
Eine Hierarchie entsteht, wenn einzelne Elemente in einem Design wichtiger wirken, im Gegensatz zu den anderen Elementen.

– Size
– Shape
– Placement

 

Rhythmus
Rhythmus beschreibt die Bewegung des Auges, welche durch ein sich wiederholendes Muster aus Formen erzeugt wird.

– Pattern
– Breaks

 

 

Ten principles for good design – Dieter Rams:

Good design …

… is innovative
… makes a product useful
… is aesthetic
… makes a product understandable
… is unobtrusive
… is honest
… is long-lansting
… is thorough down to the last Detail
… is environmentally friendly
… is as Little design as possible


Gestaltpsychologie

Bereits im Jahr 1920 beeinflusste Gestaltpsychologie die Forschung, sowie auch  Kunst und Design und entwickelte sich somit zu einer eigenständigen Theorie, welche sich mit dem Bereich der menschlichen Wahrnehmung beschäftigt. Die Gestaltpsychologie untersucht unbewusste kognitive Mechanismen, um zu begründen, warum Elemente z. B. als eine Einheit, etwas Zusammengehöriges wahrgenommen werden. Laut Gestaltpsychologen funktioniert die Wahrnehmung durch organisieren von einzelnen Elementen zu zusammengehörigen Gestalten, wovon die sog. „Gestaltgesetze“ ihren Namen erhalten. Zudem ist die Wahrnehmung auch eine essentielle Grundvoraussetzung für das Lernen selbst.
Um eine „optimale“Gestaltung zu erschaffen, sollten bestimmte Prinzipien beachtet werden:

 

Gestaltgesetze / Gestaltungsprinzipien
Figur & Grund:


Die menschliche Wahrnehmung ordnet Sinneseindrücke in entweder Figur oder Grund ein. Eine Figur wirkt dinghafter und wird leichter im Gedächtnis behalten. Der Hintergrund befindet sich immer hinter der Figur und wird im allgemeinen nur als ungeformtes Material wahrgenommen. Konturen  werden noch als Teil der Figur wahrgenommen und bilden eine Trennung zum Hintergrund.
Bei sog. Kippfiguren, wie in der Abbildung links dargestellt, wird die Unterscheidung von Figur und Grund fast unmöglich, da als weiße Figur zwei Köpfe im Profil dargestellt sind, aber auch der schwarze Hintergrund eine Kelchform oder die Form einer Vase besitzt.
Im Allgemeinen nehmen wir symmetrische Bereiche, konvexe Komponenten und vertikale, sowie horizontale Fläche als eine zusammengehörige Figur wahr.

 

Kontur-Spiegelungen: Der Eindruck einer Einheit, Figur entsteht durch bloße Spiegelung einer Linie
Symmetrie

 Die Symmetrie zieht die Aufmerksamkeit des Betrachtenden auf sich und wird auch als eine klare Gliederung von Inhalten verwendet. Eine wohlgeformte Balance ist dann erreicht, wenn Elemente gleichmäßig auf beiden Seiten einer Achse verteilt sind. Unausgewogene Designs können somit zu einer zusätzlichen kognitiven Belastung führen und den Betrachtenden rasch ablenken.

 

 

Geschlossenheit & Gruppierung:
Nähe
Gesetz der Nähe – Aufgrund der menschlichen Wahrnehmung werden die Punkte von a. als Zeilen und in b. als Reihen aufgenommen

Nah beieinander liegende Elemente werden allgemein als eine Einheit, eine Gruppe wahrgenommen. Das Gesetz der Nähe wird verwendet, um strukturelle Zusammenhänge grafisch darzustellen und die Informationsdichte zu reduzieren. Dieses Prinzip wird meist bei Beschriftungen und Grafiken verwendet, um beispielsweise eine Trennung von Texten und Bildern zu schaffen.

Einheit & Harmonie
Gesetz der Einheit / Harmonie

Wenn einzelne Elemente einer Anordnung wirken, als wären sie eine Einheit, verfügen diese über eine visuelle Verbindung. Wenn zusammengehörige Elemente separat gruppiert werden, kann dies den Betrachtenden verwirren. Einheit und Harmonie werden für eine harmonische und ansprechende Gestaltung angewendet.

Ähnlichkeit
Gesetz der Ähnlichkeit

Werden optische Reize mit gleicher oder ähnlicher Struktur wahrgenommen, werden diese als zusammengehörige Einheit angesehen. Eine Struktur nach dem Gesetz der Ähnlichkeit sorgt für eine simple visuelle Orientierung innerhalb einer Gruppe. Im allgemeinen kann sich die Ähnlichkeit durch Formen, Farben, Texturen, Positionen, Orientierungen und Größen visuell ausdrücken. Damit eine gewisse Ähnlichkeit geschaffen werden kann, daher sollte zusammengehörige Elemente auch gleich gekennzeichnet sein (z. B. bei Überschriften und Unterüberschriften).

Fokus
Gesetz der Fokussierung

Der Fokus beschreibt das Gegenteil der Ähnlichkeit, da hier die Aufmerksamkeit des Betrachtenden bewusst gelenkt wird. Das Gesetz der Fokussierung beschreibt Elemente, welche als visueller Brennpunkt angeordnet sind und somit im Zentrum der Wahrnehmung stehen.
Wie in der Abbildung oben sichtbar wird, hebt sich der Kreis von den restlichen Elementen ab, übernimmt die Funktion des „eye catchers“ und lenkt die Aufmerksamkeit des Betrachtenden fast ausschließlich auf sich.
Bei Gestaltungen sollten somit visuelle Akzente gesetzt, Schlüsselwörter hervorgehoben oder Ton und Animationen eingesetzt werden, um einen Fokus auf ein bestimmtes Element zu lenken.

Gemeinsames Schicksal
Gesetz des Gemeinsamen Schicksals

Bewegen sich Figuren oder Elemente in die selbe Richtung, werden diese als Gruppe oder Einheit gesehen, da sie ein gemeinsames Schicksal teilen. Auch bei Figuren mit ähnlichen Bewegungspfaden, Beschleunigungen oder Größe tritt das Gesetz des gemeinsamen Schicksals in Kraft. Aber auch bei unterschiedlichen Bewegungsrichtungen werden Elemente als Einheit wahrgenommen, wenn sie gemeinsam starten oder stoppen oder sich auch um einen gemeinsamen Schwerpunkt bewegen.

Geschlossenheit
Gesetz der Geschlossenheit

Unter dem Gesetz der Geschlossenheit wird die Organisation von optischen Reizen zu visuell wahrgenommenen Einheiten verstanden. Die menschliche Wahrnehmung fasst geschlossene oder auch nur teilweise angedeutete Formen als einzelne Objekte auf, da der Mensch dazu neigt, Lücken zu füllen und Elemente automatisch zu vervollständigen. Bei nicht geschlossenen Formen oder unvollständigen Mustern kann der Betrachtende irritiert werden.
Das Gesetz der Geschlossenheit wird unter anderem dazu verwendet, um wichtige aussagen zu umranden, womit Aussagen eindeutig voneinander getrennt werden können.

Verbundenheit
Gesetz der Verbundenheit

Miteinander verbundene Formen werden als eine Einheit wahrgenommen und können das Gesetz der Nähe oder Ähnlichkeit außer Kraft setzen.
Wie in der Abbildung oben dargestellt wird, wirken bei a. die Verbindungslinien stärker als das Gesetz der Nähe und bei b. wirken die Verbindungslinien stärker als das Gesetz der Ähnlichkeit. Bei c. und d. werden wieder die Verbindungslinien stärken angesehen, als die Gesetze von Ähnlichkeit und Nähe.

Prägnanz (Gute Gestalt):
Gesetz der Prägnanz

Wie vorher bereits erwähnt werden Figuren vom Grund getrennt wahrgenommen, wobei die Gruppierung der Darstellung in unterschiedlichen Weisen erfolgen kann. Das Gesetz der Prägnanz oder Guten Gestalt besagt, dass optische Reize allgemein zu einfachen Gestalten reduziert werden. Deshalb kann in der Abbildung oben ein Dreieck und ein überlappendes Rechteck wahrgenommen werden, jedoch nicht eine abstrakte Polygonfigur.
Eine Gute Gestalt wird unter anderem durch Einfachheit, Symmetrie, Regelmäßigkeit und Kontinuität erzeugt.
Besonders bei einprägsamen Logos wird dieses Prinzip verwendet, sowie auch in symmetrischen Layouts, um die Konzentration auf das Wesentliche zu lenken.

Einfachheit
Einfache Darstellung & verspielte Darstellung

Das Gesetz der Einfachheit beschreibt den menschlichen Wahrnehmungsmechanismus, welcher visuelle Eindrücke so vereinfacht, dass sie vom Betrachtenden verstanden werden. Dieses Prinzip funktioniert bei simplen visuellen Botschaften gut, wird aber immer verwirrender bei komplexen, überladenen Gestaltungen, wobei die Ko.

Kontinuität
Gesetz der Kontinuität

Die menschliche Wahrnehmung funktioniert so, dass ein Weg oder eine Linie automatisch fortgesetzt wird, sobald eine Richtung angegeben wurde.
Mit dem Gesetz der Kontinuität ist auch das Gesetz des glatten Verlaufs eng verbunden, welches beschreibt, dass der Mensch unbewusst versucht, Konturen mit sanften Übergängen fortzusetzen, ohne abrupte Richtungsänderungen, Knicke oder Winkel nachzugehen.

Bedeutung und Vertrautheit
Gesetz der Bedeutung & Vertrautheit

Optische Eindrücke werden automatisch immer mit persönlichen Interpretationen versehen, wobei sich das menschliche Gehirn dabei auf Erinnerungen und Emotionen beruft. Dabei spielen auch eigene Erfahrungen und kulturelle Unterschiede eine große Rolle.
Durch die Verwendung und Entwicklung von Icons werden allgemeine Bedeutungen geschaffen, welche mit der Zeit erlernt, ausgetauscht und erneuert werden, welche aber immer allgemein verständlich aufgrund der gelernten Hintergrundinformation bleiben werden. Bei Symbolen und Icons, welche seltener oder nicht für jeden verständlich wirken, sollte noch ein zusätzlicher Text zur Erklärung beigefügt werden.
Figuren können auch andere Bedeutungen erhalten, indem sie in einem andere Bezugsrahmen verwendet werden, wie in der Abbildung oben beschrieben wird.

 


 

Weitere Recherchegebiete:

Augmented Reality:

  • State of the Art
  • Anwendungsbereiche & Inhalte (Spiele, Videos, Marketing, Navigation,…)

 

Ästhetik:

  • Trends / Veränderungen
  • Zusammenhang Ästhetik und Immersion
  • Zusammenhang der Augmented Reality mit der ästhetischen Darstellung
  • Ästhetik-Vielfalt

 

Erster Blogeintrag: http://desres17.81apps.com/interaction_design/augmented-reality-aesthetik-der-visualisierung/
Zweiter Blogeintrag: http://desres17.81apps.com/interaction_design/augmented-reality-aesthetik-der-darstellung/

Quellen:
http://www.wortbedeutung.info/Ästhetik/
http://www.wissen-digital.de/Ästhetik
http://www.howdesign.com/parse/evaluating-aesthetic-strategies/
http://learndesignprinciples.com/index.html
https://principles.adactio.com/
https://www.e-teaching.org/didaktik/gestaltung/visualisierung/gestaltgesetze

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